Die deutsch-niederländischen Beziehungen im niederländischen Wahlprogramm '21
Der bevorstehende Rücktritt von Angela Merkel und die Bundestagswahl im September sorgen für ein spannendes Jahr in den deutsch-niederländischen Beziehungen. Da Deutschland der wichtigste Handelspartner der Niederlande ist, ist es interessant zu sehen, inwieweit sich das Nachbarland in den Programmen der niederländischen Parteien widerspiegelt.
Hierbei wurden die etablierten Parteien und die vielversprechenden Newcomer BIJ1, Volt und JA21 für die Analyse mit einbezogen.
Der CDA, die SGP und DENK betonen die Bedeutung des Deutschunterrichts. Der CDA ist der Meinung, dass die deutsche, aber auch die französische Sprache in der Sekundar- und Hochschulbildung mehr Beachtung finden sollte und setzt sich für mehr Schüler- und Studentenaustausche ein. Die SGP teilt diese Sichtweise. DENK spricht sich nicht nur für das Angebot von Sprachunterricht in Sprachen aus, mit denen die Niederlande eine wichtige Handelsbeziehung haben, sondern auch für das Angebot von Sprachunterricht in Sprachen, mit denen die Niederlande eine wichtige (Migrations-)Geschichte teilen.
Acht Parteien setzten als Punkt den Ausbau der Bahnverbindungen auf die Agenda. Der CDA erwähnt zum Beispiel in seinem Wahlprogramm den Ausbau der deutschen und belgischen Hochgeschwindigkeitsstrecken nach Hengelo, Eindhoven/Venlo, Maastricht und Groningen. Die PvdA möchte, dass Limburg eine internationale Bahnverbindung mit Belgien und Deutschland bekommt.D66 will eine schnellere und häufigere Zugverbindung zwischen Amsterdam und Berlin und eine Stärkung der regionalen grenzüberschreitenden Bahnverbindungen, um die Grenzgebiete besser anzubinden. Die Verbesserung des grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehrs wird auch im Programm von den Parteien PvdA, VVD und DENK erwähnt. GroenLinks erwähnt eine neue Direktverbindung zwischen Groningen und der Randstad (die Lelylijn), die mit der Zeit bis Hamburg verlängert werden kann. Auch soll es einen Schnellzug zwischen Eindhoven und dem deutschen ICE-Netz, einschließlich Düsseldorf und Aachen, geben. JA21 ist der Meinung, dass die nördlichen Niederlande infrastrukturell weiter ausgebaut werden sollten und zwar durch schnelle Zugverbindungen, die die westlichen Niederlande mit Norddeutschland (Hamburg und Bremen) verbinden und wünscht sich eine schnelle Zugverbindung zwischen Amsterdam und Aachen. Die ChristenUnie fordert eine Bahnverbindung von der Lelylijn zum Hafen von Lelystad für den Transport von Gütern nach Deutschland, damit Lelystad florieren kann, und setzt sich auch für eine bessere Zugverbindung nach Deutschland ein.
Auch die Grenzregionen erhalten von den Parteien die notwendige Aufmerksamkeit. Der CDA erwähnt das Potenzial der Grenzregionen als vielversprechende Verbindung zu Deutschland, Belgien und dem Rest Europas. Die euregionale Zusammenarbeit soll einen neuen Impuls erhalten und Engpässe in den Bereichen Arbeitsmarkt, Regionalentwicklung und öffentlicher Verkehr beseitigen. Die PvdA erwähnt, wie auch die SGP, das Problem der Anerkennung von Zertifikaten und Diplomen. Beide Parteien wollen die gegenseitige Anerkennung von Diplomen mit den Nachbarländern, sicherlich auch mit Blick auf die Vitalität „schrumpfender Regionen“. Die ChristenUnie möchte eine regionale Anpassung für diese „Schrumpfregionen“ und Grenzregionen. Die SGP stimmt dem zu und sagt, dass ein Aktionsplan für die Grenzregionen mit den lokalen Behörden, Unternehmen und sozialen Organisationen erstellt werden muss. Nach der SGP sollen bilaterale Abkommen mit Belgien und Deutschland die Probleme im Zusammenhang mit den Leistungen für Grenzgänger lösen. Einige Parteien sehen in der Coronakrise Möglichkeiten für mehr Zusammenarbeit, wie GroenLinks und der Newcomer Volt. Laut Volt kann in der Grenzregion mehr Zusammenarbeit im Gesundheitswesen erreicht werden, z. B. IC-Betten für Corona-Patienten. GroenLinks erwartet, dass die Erleichterung der europäischen Zusammenarbeit in Grenzregionen in Kombination mit staatlichen Ausschreibungen dafür sorgen wird, dass kleine und mittlere Unternehmen auch nach der Coronakrise weiterhin eine bedeutende Rolle spielen können. D66 möchte, dass Naturschutzgebiete mit Deutschland und Belgien verbunden werden und möchte unter anderem mit Deutschland zusammenarbeiten, um Kosten zu teilen und Spitzen in der Energieproduktion gemeinsam zu bewältigen. Die VVD sieht ein großes Potenzial in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und Infrastruktur. Laut der VVD wird dies noch nicht ausreichend genutzt. Die Partei will eine stärkere regionale grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den Benelux-Staaten und Nordrhein-Westfalen in den Bereichen nachhaltige Entwicklung, Justiz und Sicherheit.
Den letzten Punkt, Sicherheit, nutzen die verschiedenen Parteien, um Grenzkontrollen zu fördern. FvD, PVV, SGP und JA21 sehen den Einsatz von (mobilen) Grenzkontrollen als Lösung für die grenzüberschreitende Kriminalität und zur Bekämpfung des Terrorismus. Im Bereich der Verteidigung wünscht sich die VVD eine intensivere Zusammenarbeit mit Belgien, Deutschland und dem Vereinigten Königreich. Dabei sieht Volt, dass es im militärischen Bereich durch die gemeinsame Panzerdivision mit Deutschland und den Kauf von Ausrüstung im Benelux-Kontext bereits eine gute Zusammenarbeit gibt, wünscht sich aber mehr Kooperation in ganz Europa. Von allen Parteien ist Volt die am stärksten europäisch organisierte, mit einem ähnlichen Programm in mehreren EU-Ländern.
Deutlich wurde, dass genügend Parteien (weiterhin) das Potenzial und die Bedeutung einer Zusammenarbeit mit Deutschland sehen. Parteien, die den östlichen Nachbarn in ihrem Wahlprogramm nicht erwähnen, sind 50PLUS, die SP, die Partei für die Tiere und BIJ1. Nach den Wahlen am 17. März und der Kabinettsbildung wird es mehr Aufschluss darüber geben, welchen Kurs das politische Den Haag im deutsch-niederländischen Verhältnis einschlagen wird und welche Wünsche auf den Wunschzetteln tatsächlich erfüllt werden.
